#JUNOBlog
von MiSch
Aus Gesprächen mit Alleinerziehenden und getrennt Erziehenden formuliert sich folgender Bericht. Zugleich steht er als Aufforderung zum Handeln – jetzt!
Beginnen wir mit dem erhöhten finanziellen und psychosomatischen Druck auf Alleinerziehende (AE) durch die Pandemie. Die Mehrfachbelastung für AE durch die temporären Schulschließungen und das temporäre Homeschooling zeigt sich nach bald 2 Jahren in einer enormen physischen und psychischen Müdigkeit. Die Nervenkraft ist ausgeschöpft. Die monetären Reserven, falls es sie je gab, ohnehin.
Wie schwierig kann es sein, zu Beginn des ersten Lockdowns z. B. die Familienbeihilfe für AE zu erhöhen? Die Ausgaben für Nahrung stiegen. Die Löhne blieben gleich oder Eltern verloren ihren Job und hatten weniger Budget durch das Arbeitslosengeld oder die Kurzarbeit verringerte ihr Haushaltsnettoeinkommen.
Auch sozial ist gekommen, was kommen musste: Die Corona-Pandemie katapultierte die ohnehin vulnerable Gruppe der AE noch stärker in die Isolation und bedeutete von Anfang an eine psychische Mehrfachbelastung, welche alleine nicht tragbar war und ist.
Immer wieder tauchen diese Fakten auch in den österreichischen Medien auf, jedoch leider ohne Konsequenzen!? Es ist also anscheinend zu wenig alarmierend, wenn in allen Medien Begriffe in Zusammenhang mit AE vorkommen wie zum Beispiel Kinderarmut, Armutsrisiko, arm trotz Arbeit?
Es sind von den AE ganze 94 Prozent Frauen in Österreich. Momentan wächst jedes vierte Kind hier in einem Ein-Eltern-Haushalt auf. Die Arbeiterkammer (AK) beziffert in einer aktuellen Studie die tägliche Arbeitszeit von AE mit 15 Arbeitsstunden pro Tag. Pro Tag! Laut dieser AK-Studie zählen die AE zu jenen, die am meisten arbeiten. Und trotzdem ist jede zweite Mutter von den AE armutsgefährdet. Das waren vor der Pandemie bereits unfassbare 40 Prozent. Das dieser Prozentsatz ansteigen wird, war in den vergangenen 2 Jahren Krise vorhersehbar.
Ein anderer, trauriger Umstand, welcher besonders seitdem Pandemie-Ausbruch absolut erhöhte Aufmerksamkeit verdient hätte, ist der Weg zum Erhalt von Unterhalt und Unterhaltsvorschuss. Wie kann es sein, dass ein großer Prozentsatz von AE nicht einmal den Versuch startet, um Unterhalt bzw. einen Unterhaltsvorschuss zu bekommen? Die bürokratischen und rechtlichen Hürden sind oftmals unmöglich zu überwinden, so dass die AE mitten im Procedere den Versuch aufgeben und verzichten oder überhaupt keinen Versuch starten. Sie verzichten auf Geld, welches ihnen ihr Leben mit ihren Kindern wesentlich erleichtern würde! Das wirkt wie Absicht von behördlicher Seite - weil es klar ist, dass dieser Kraftakt im Alleingang nicht zu stemmen ist. Man muss aufgeben, ganz einfach, weil man die Kraft für die Kindeserziehung braucht.
Das ist absolut frustrierend für AE und deren Kinder und beschämend für das System dahinter. Es braucht eine Vereinfachung des Ansuchens um Unterhalt und eine wesentliche Verkürzung in der Bearbeitungszeit. Manche Ein-Eltern-Familien kämpfen Jahre dafür, sie erhalten auch keinen Unterhaltsvorschuss in dieser Zeit.
Ich weiß, es gebe noch viele Punkte, welche einem Skandal gleichkommen. Wichtig erscheint mir trotz der desaströsen Lage allen Organisationen enorm zu danken, welche sich für AE stark machen, welche nicht aufgeben die Verhältnisse zu verändern. Auch 2022 - volle Kraft voraus!
gefördert aus den Mitteln des Sozialministeriums