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Ein Versuch, das Dorf rundherum zu erkennen

„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“

(Afrikanisches Sprichwort)

 

Fotocredit: LuidmilaKot/Pixabay

 

Verfasserin: MiSch

 

#JUNOBlog

 

Der eine hat als sein Leihvater (er bezeichnet sich selbst so) ihm das Radfahren beigebracht.

Die Großtante hat ihm das Skifahren beigebracht.

Die einstigen Nachbarn haben ihm das Eislaufen gelernt.

Der Opa hat ihn auf Naturschönheiten hingewiesen.

Eine Freundin der Familie hat ihm Kärnten gezeigt.

Die Oma hat ihm die Kunst des Kochens erklärt.

Der Patenonkel hat ihm das Erlernen anderer Sprachen nahegebracht.

Die Patentante hat ihm die Theaterwelt eröffnet.

Ein Freund der Familie hat mit ihm geimkert.

Eine Freundin der Familie hat ihm die Gartenarbeit gelernt.

 

Das sind jetzt nur 10 Beispiele. Je länger ich darüber nachdenke: solcher Beispiele gibt es viele und ich bin sehr dankbar dafür, dass so viele Menschen einen Platz einnehmen und mir helfen, mein Kind groß zu ziehen. Ich habe natürlich all das auch mit meinem Kind unternommen oder ihm nahegebracht, jedoch diese Unterstützung von anderen, die ist unendlich wertvoll. Und solch eine große Bereicherung.

Es ist wirklich ein Dorf, das man braucht, um ein Kind groß zu ziehen.

Dieses Dorf gibt es eigentlich überall zu finden.

Man muss nicht einmal danach suchen. Man muss es nur erkennen.

 

Bei mir dauert es oft ein Weilchen, bis ich das Dorf als Dorf erkenne. Ich glaube mich über-zu-verpflichten in vielen Bereichen. Vielleicht ist das ein typisches Merkmal von Ein-Eltern-Verhaltensweisen? Oder auch: ich habe oft ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht diejenige bin, die mit ihm ins Kino geht. Das ich hundert Mal mit ihm im Kino war, das vergesse ich dabei. Jedoch ich darf Freizeitunternehmungen abgeben an andere, die mit meinem Kind dies erleben wollen. Ich darf auch in dieser Zeit mir Zeit für mich nehmen.

Und dürfen ist nicht einmal das richtige Wort – ich soll es einfach tun!

 

Ich erinnere mich als drei Freunde einmal zu mir sagten, wenn ich sie als Teil unseres Dorfes sehe, dann müsse ich auch damit rechnen, das ab und an vielleicht eine Kritik von den Dorfbewohnern kommt. Mir gegenüber und meinem Kind gegenüber. Das war für mich ein langer Lernprozess und er dauert natürlich an.

 

Was ich auch immer wieder bemerke: Es ist nicht hilfreich für unser Leben, wenn ich übersensibel reagiere, wenn sich jemand in meinen Erziehungsplan mit meinem Kind einmischt. Da möchte ich geduldiger werden und möchte lernen hinzuschauen, welche Möglichkeiten sich eröffnen, wenn ich andere Meinungen in mein Handeln einfließen lasse.

 

Auch finde ich es schade, wie oft ich mit mir selbst und auch anderen erlebe, dass sich Alleinerziehende viel zu viele Selbstvorwürfe machen, weil sie es alleine nicht geschafft haben oder schaffen, ihrem Kind dies und das ermöglicht zu haben / zu ermöglichen.

Anstatt das man sich hinsetzt – so wie ich jetzt beim Schreiben dieses Textes – und sich die Zeit nimmt, zu schauen, was eigentlich alles da ist! Das werde ich ab jetzt öfters tun. Keine Selbstvorwürfe mehr, sondern Kraft daraus schöpfen, wer aller sich einsetzt und das Dorf bildet.

Egal wie groß das Dorf ist – jede:r und alles zählt!

 

Also bitte nicht vergessen: Anstatt zu grübeln was wäre wenn - sich einfach freuen über die eigene Kleinfamilie, die wahrscheinlich so klein eigentlich gar nicht ist - in Anbetracht des ganzen Dorfes!