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Sei nicht so streng mit dir

von

Tanja ELISABETH

 

#JUNOBlog

 

Vor kurzem habe ich mir ein sehr spannendes Buch zugelegt. Es nennt sich „F & A. Fragen und Antworten für meine Seele“ vom Verlag riva. Da geht es darum, dass man jeden Tag eine Frage beantworten muss und das 5 Jahre lang. Man hat also jedes Jahr am selben Tag dieselbe Frage und kann somit beobachten, wie sich das Denken so im Laufe der Zeit verändert.

Am 01.10.2021 hatte ich die Frage „Lege heute eine Digital-Detox-Stunde ein – kein Handy, kein Laptop, nur du und die Stille. Was sind deine ersten Gedanken?“

Mein erster Gedanke war sofort mal ‚Nein, das funktioniert leider nicht, wie soll das als Alleinerziehende Mami gehen?!“. Und dann habe ich mir die Frage überlegt und mir vorgestellt, was ich denken würde, wenn ich so eine Detox-Stunde durchführen würde. Ganz klar würde ich über meine Ist-Situation sinnieren; was läuft gerade so in meinem Leben ab, was gehört erledigt und vor allem aber auch, was muss ich besser machen, wo gibt es Verbesserungspotential, was mach ich alles falsch.

Oh, Mann und dann hat es sich so richtig in meinem Hirn abgespielt. Automatisch hatte ich eine Liste vor Augen, was alles ich nicht gut genug erledige.

Ich wollte zum Beispiel im neuen Schuljahr meiner 13-jährigen gleich von Beginn an jeden Tag wenige Minuten dafür aufwenden, um mir die Schulsachen anzuschauen und zu kontrollieren, wie die Hausübung erledigt wurde. Es ist fast ein Monat vergangen und ich habe keine einzige Hausübung zu Gesicht bekommen. Keine Frage: ich habe zumindest nachgefragt, ob die Hausübungen erledigt sind. Ja, einmal war ich sogar sehr erstaunt, als mir meine Teenie-Tochter mit einem Lächeln erklärte, dass ich mir keine Gedanken machen muss, weil sie das immer gleich erledigt, wenn sie heim kommt. Und dann meinte sie mit einem Augenzwinker: „Ja ja, jetzt bist du erstaunt gell, Mama?! Ich hab dir gesagt, dass du dich auf mich verlassen kannst.“

Ja, ich war erstaunt und beschämt gleichzeitig. Das sollte doch meine Aufgabe sein, dass ich mich darum kümmere. Ich wollte es doch dieses Mal besser machen.

Als ich an diesen Moment dachte und diese Frage aus dem Buch, habe ich mich ertappt gefühlt. Denn während ich so nachgedacht hatte, fiel mein Blick auf die Wand, an der ein wirklich großer Bilderrahmen mit dem Schriftstück „Don´t be so hard on yourself“ hängt (zu Deutsch: „Sei nicht so streng/hart mit dir selbst“).

Warum sind gerade wir Frauen so streng mit uns selbst? Wieso denken wir immer wieder daran, was wir besser machen müssten oder wo wir wieder unserem eigentlichen Plan abgewichen sind? Wieso fällt es gerade uns Alleinerziehenden so schwer, uns vor Augen zu führen, was verdammt nochmal wir eigentlich alles großartig meistern?!

Wer von uns setzt sich am Ende des Tages neben das Bett des Kindes, schaut ihm beim Einschlafen zu und denkt sich ‚Heute hatten wir wirklich einen lustigen Tag.‘ oder ‚ich bin so stolz auf mich, dass ich meinem Kind ein geregeltes Leben bieten kann‘  oder ‚Ich bin so dankbar, dass ich meinem Kind ein warmes Essen auf den Tisch stellen kann‘ ?!

Ich habe schon einmal ein Erfolgs- bzw. Dankbarkeitstagebuch geführt. Jedes Mal hatte ich bereits nach wenigen Tagen gespürt, was sich in meinem Leben alles ins Positive verändert, wenn man seinen Fokus auf die positiven Dinge des Alltags lenkt. Umso ärgerlicher, dass ich damit stets aufgehört hatte, sobald mein Leben wieder einigermaßen im Fluss war. Verdammt, jetzt ist es mir schon wieder passiert; ich habe mich indirekt schon wieder gerügt! Damit ist jetzt Schluss!

Probiert es mal aus! Man muss ja nicht sofort schriftlich anfangen. Aber lasst uns doch mal ab heute jeden Abend, wenn wir unsere Augen zum Schlafen schließen, daran denken, was wir am Tag alles gemeistert haben. Sagen wir mal, für ne Woche oder so. Ihr werdet sehen, ihr wollt damit weiter machen. Vielleicht sogar schriftlich, wie ich damals. 😊

 

Ich beginne gleich mal: Ich bin so stolz darauf, dass, wenn ich im Homeoffice bin, ich mir die Zeit nehme und vom Balkon aus solange meinem Kind zuwinke und nachschaue, bis sie außer Blickweite ist. Ich weiß nämlich, dass ihr das gefällt und dass sie damit das Gefühl hat, sehr wichtig für mich zu sein. UND ich bin so dankbar dafür, dass mir meine Maus gestern beim Schlafen gehen sagte: „Mama, ich bin so dankbar, dass ich bei dir lebe. Mach dir keine Sorgen. Du machst alles richtig.“ 

gefördert aus den Mitteln des Sozialministeriums